Erlebnissbericht „Grundausbildung in Eis und Urgestein“, 04.07. - 11.07.09 auf der Hochstubaihütte.

Autor ist unser Bergfreund Andreas


Am Samstag den 04.07.09 war es so weit, um 06.15 Uhr nachdem ich Sven und Mario abgeholt habe fuhren wir in Dresden erwartungsvoll Richtung Österreich los.

Über den DAV- Sektion Böblingen hatten wir eine Grundausbildung in Eis und Urgestein gebucht.

Wir wollten unsere Fähigkeiten und Kenntnisse im Hochgebirge erweitern und das richtige Verhalten am Gletscher, im Urgestein und in der Seilschaft auf Hochtouren festigen.Unsere Vorfreude und Erwartungshaltung war groß und wir sollten nicht enttäuscht werden.

Die Fahrt in Richtung Sölden verlief problemlos. In Garmisch- Partenkirchen machten wir eine kurze Rast um uns mit Weißwurst und Kaffee zu stärken. Um 14.00 Uhr erreichten wir den angegebenen Parkplatz in Sölden wo wir uns zum Abmarsch zu unserer ersten Station, der Kleblealm, rüsteten.

Für die ca. 600 Höhenmeter zur Alm, wo sich alle Kursteilnehmer zur ersten Übernachtung treffen sollten, benötigten wir ca. 1,5 Stunden. Mit ca. 20 Kg Ausrüstung im Rucksack eine erste Bewährungsprobe, zumal es auch das Wetter sehr gut mit uns meinte. Später sollte sich herausstellen das man für eine Woche Hochtour doch schon mit 10 Kg Ausrüstung aus- und vor allen besser voran kommt.

 

Die ersten von insgesamt 16 Kursteilnehmern waren auch schon auf der Hütte angekommen. Wir bezogen für eine Nacht ein gemütliches 4-Bett- Lager. Am Abend machten wir die ersten Bekanntschaften mit allen Teilnehmern unserer Tour und gingen auch früh in die „Federn“.

 

Am Sonntag morgen, den 05.07.09 war 5.30 Uhr wecken angesagt, denn wir wollten früh los, lag doch ein Anstieg von 1200 Höhenmetern vor uns. Nach Katzenwäsche, vorerst das letzte mal mit warmen Wasser und gutem Frühstück machten wir drei uns gegen 6.40 Uhr und 7°C bei schönem Wetter auf den Weg zur Hochstubaihütte.

 

Der Anstieg war ein tolles Erlebnis. Kurz führte der Weg noch durch bewaldetes Gebiet, bis sich der Baumbestand lichtete und nur noch Latschen- Felder und karge Weiden, wo noch Schafe weideten, die Landschaft  bestimmten. Es dauerte auch nicht lange bis die ersten Schneefelder auf dem Weg nach oben zu überqueren waren.  Nun wurde auch die Vegetation merklich karger. Nur noch Fels aber in beeindruckenden Art und Weise.

 

Beim Überschreiten der 3000 Höhenmarke ging auch merklich unsere Kondition zurück und wir wurden langsamer, die Höhe machte sich nun doch schon bemerkbar.

Gegen 12.00 Uhr, also nach 5 Stunden und 20 Minuten Aufstieg erreichten wir unser Ziel.

Das Wetter war wunderbar und wir wurden nicht nur mit einem Begrüßungsschnaps vom Hüttenwart Florian, sondern auch von einer phantastischen Fernsicht über das Hochstubaigebiet belohnt.

Nachdem wir uns vom Aufstieg erholt hatten, machten wir uns mit frischem, nur kalt verfügbaren Gebirgswasser frisch und bezogen unsere Matratzenlager.

Den Rest des Tages verbrachten wir gemeinsam in der gemütlichen „warmen Stube“ der Hochstubaihütte.

 

Nach Eintreffen unserer Ausbilder Reinhard und Hugo ging es auch gleich an unsere Einweisung. Unsere Ausrüstung wurde überprüft und an festgelegte Teams einzelne Aufgaben verteilt.

 

Die ausgearbeiteten Vorträge u.a. über Ausrüstung, Karte und Kompass, Gletscher, Wetter, Ernährung, Gefahren im Hochgebirge und Erste Hilfe, sollten uns bei der Überbrückung von Schlechtwetterzeiten informativ und hilfreich sein. Nach einem reichlichem und sehr leckerem 3- Gänge Abendessen ging es auch recht früh ins „Bett“.

 

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Am nächsten Morgen nach einer eher im „Wachkoma“ verbrachten Nacht (die Höhe forderte die ersten Tage doch ihr Tribut) war um 7.00 Uhr freiwilliges aufstehen um eine Platz an den zwei vorhanden Waschplätzen zu erhaschen.

Das Wetter  zeigte sich an diesem Montag morgen mit Nebel, leichtem Schneefall und 3°C nicht von der besten Seite, aber wir waren im Hochgebirge und hier mußte man damit rechnen.

Nach einem ausgiebigen Frühstück und 2 Stunden Knotenkunde verbesserte sich das Wetter und wir „verpackten“  uns in warme Sachen und es ging raus, wollten wir doch etwas lernen.

 

Für die Themen am Vormittag „wie bewege ich mich im Schneefeld, Aufstieg, Abstieg, wie bremse ich meinen Fall wenn ich abrutsche, wie steige ich in einem Schneefeld bis zu 45° Neigung mit und ohne Eispickel“ hatten wir durch den frischen Schnee beste Übungsvoraussetzungen.

Der freie Fall in einem Schneefeld mit 40° Neigung verlangt anfänglich doch etwas Überwindung, machte aber nach Beherrschung der Bremstechnik doch richtig Spaß.

 

Am Nachmittag ging es mit Übungen in der Seilschaft auf den Schneefeldern weiter.

Beim theoretischen Teil am späten Nachmittag in der Hütte ging es um Materialkunde.

Den Abend verbrachten wir bei gutem Essen und Trinken bis wir zeitig in unsere Schlafsäcke bzw. unter die Decken krochen.

 

Nach einer etwas besseren Nacht frühstückten die ersten schon um 7.00 Uhr  bei leichtem Schneefall und Temperaturen um den Gefrierpunkt  brachen wir zu unserer ersten kleinen Gipfeltour in der Seilschaft auf den 3211m hohen „Nebelkogel“ auf. Dieser tat seinem Namen alle Ehre und bescherte uns am Gipfel Nebel und Schneetreiben.

Es war aber trotzdem ein sehr schönes Erlebnis in der Gruppe einen Berg zu besteigen. Nach dem Abstieg, auf dem Schneefeld auf dem Weg zur Hütte probierten wir an einem kleinen Abhang „Stürze in der Seilschaft“, eine tolle Erfahrung wenn man sich auf seine Seilschaft verlassen kann.

Nach einer heißen Suppe in der Hütte kamen auch die Lebensgeister zurück und die Aufnahmefähigkeit für den nächsten theoretischen Vortrag über Karte und Kompass.

 

Wir erweiterten unsere Kenntnisse mit dem Umgang von Karte und Kompass und erhielten eine neue Erfahrung, Zitat Mario: „Eigentlich ist der Kompass dumm, weil er nur nach Norden zeigt“.

Das setzten wir jetzt auch gleich in die Tat um und gingen in`s Gelände wo wir uns mit Kompass, Höhenanzeige und Marschrichtungszahlen orientieren mussten.

Als wir uns dann wieder in die Hütte zurückgefunden hatten gab es noch Informationen über Ausrüstung, Zeitplanung und Verpflegung bei einer Tourenplanung.

 

Mittwoch 08.07.09. 7.00 Uhr  gut geschlafen, ausgeruht. Es gab ca. 15cm Neuschnee bei -4°C und das im „Sommerurlaub“. Die morgendliche Katzenwäsche war demzufolge noch unangenehmer und auch kürzer, da auch die „Waschplätze“ und die 2 „Plumskloos“ heiß umkämpft waren. Zu unserer Gruppe von 16 Personen hatten sich zum schon  in der Hütte wohnenden  Bautrupp vom DAV-Sektion Dresden,  im Laufe der Woche noch 15 Jugendliche von einer anderen Sektion dazugesellt, welche beim Wegebau zur Hildesheimer Hütte helfen wollten.

Dazu kamen noch  Torsten Kutschke mit seinem Filmteam vom MDR, die Aufnahmen zu einer neuen DVD über das Stubaital und den Hochstubai mit seinen Hütten, drehte.

Die Hütte war somit mit fast 45 Personen an seine Grenzen gestoßen.

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Heute sollte nun unsere erste Gletschertour sein. Um 9.00 Uhr brachen wir auf, mit komplett angelegter Sicherungstechnik ging es in der Seilschaft über den  „Wütenkarferner“, der Dank  des vielen Neuschnees und des noch reichlich vorhandenen Altschnees auf dem Gletscher, seine gefährlichen Gletscherspalten verbarg und uns eine mühelose Passage zu unserem Tagesziel, dem Wütenkarsattel (3103m) ermöglichte.

 

Die „Schönheit“ eines Gletschers und von Gletscherspalten auf dem Wütenkarferner zeigte uns an diesem Abend unser Hüttenwart Florian in Aufnahmen, welche im letzten Sommer bei der „Begehung“ von Gletscherspalten gemacht wurden. Auf dem Rückweg vom Wütenkarsattel machten wir an einem ca. 25m tiefen „Windkolk“ halt. Ein Windkolk ist eine Vertiefung vor einem Fels wo der Wind eine Mulde im Schnee ausweht.

Eine ganz neue Erfahrung war es, sich hier, zwar gesichert, in die „simulierte“ Gletscherspalte fallen zu lassen. Übungen zur Spaltenbergung, Sicherungstechniken (Seilrolle) und der Bau eines „toten Mannes“ waren Bestandteile der Übungen.

 

Am Abend wurde wie jeden Tag durch unsere Ausbilder Reinhard und Hugo eine Auswertung des Tages vorgenommen und die „Strapazen“ des Tages mit Kartoffelsalat, Wiener Schnitzel und selbstgemachten Tiramisu vergessen gemacht.

 

Bei dieser Gelegenheit muß die Küche auf der Hochstubaihütte ein großes Lob erhalten was die Köchin Marianne und ihr Team täglich an wunderbaren Gerichten zauberte kann sich mit jedem „Sternerestaurant“ messen! Schon allein diese Tatsache macht einen Aufstieg zur Hochstubaihütte lohnenswert.

 

6.30 Uhr am 09.07.09, ausgeschlafen, schönes Wetter, herrlicher Sonnenaufgang bei -2°C und nach gutem Frühstück ging es zur Tagestour über unseren Gletscher hinauf über den Grad zur Warenkarseitenspitze auf 3345 Höhenmeter.

Nach 2 Stunden Aufstieg erreichten wir den Gipfel und wurden mit einer grandiosen Fernsicht über die Stubaier Alpen belohnt. Beim Abstieg festigten wir unsere alpinen Kenntnisse mit dem Abstieg unter Zuhilfenahme von Steigeisen am gesicherten Seil und Sicherung mit einer Reepschnur und Prusikknoten.

Nach Überschreitung des Wütenkarferners gelangten wir zur Gletscherzunge wo wir die ersten richtigen Spalten zum Teil unfreiwillig entdeckten und den Umgang und Sicherungstechniken mit Eisschrauben erlernten.

Nach unserer Rückkehr am Nachmittag erfuhren wir dann noch Wissenswertes über Erste Hilfe und Ernährung während einer Bergtour.

 

Am nächsten Morgen sollte sich das Wetter nicht groß ändern, wir überbrückten den Morgennebel mit theoretischen Informationen über „alpine Gefahren“. Nach Wetterbesserung konnten wir im Gelände unsere Kenntnisse über Abseilen und Selbstrettung mit Hilfe von Reepschnur und  Prusikknoten festigen.

Nach einer Mittagspause fanden wir uns zu einer Abschlussbesprechung zusammen. Nun war unsere Ausbildungswoche auch schon fast zu Ende.

 

Reinhard und Hugo fassten unsere gemeinsamen Erlebnisse zusammen und gaben uns abschließend noch ein paar wertvolle Tip´s mit auf den Weg bevor sie selbst abstiegen, da schon wieder andere Aufgaben auf sie warteten.

 

Hier und auf diesem Weg vielen Dank an beide, die es mit viel Geschick, Wissen und auch Humor geschafft haben das die Tage auf der Hochstubaihütte für alle ein Erlebnis wurde!

 

Am Nachmittag konnte jeder selbst noch etwas unternehmen. Einige von unserer Gruppe machten sich noch einmal auf den Weg zum Gletscher andere festigten Ihre Kenntnisse bei der Spaltenbergung oder gingen nur noch einmal auf kleine Exkursionen in die nähere Umgebung.

 

Am Abend saßen wir noch lange zusammen und alle waren sich einig das es eine schöne Woche war, dass wir viel gelernt haben und bestimmt werden sich einige von uns irgendwo wieder treffen.

 

Am Samstag dem 11.07.09 um 7.00 Uhr morgens bei leichtem Nebel und -2°C begannen wir den Abstieg und kamen sehr gut voran.

 

Um 10.15 Uhr  erreichten wir den Parkplatz wo wir uns für die Rückfahrt nach Dresden mit unseren letzten Feuchttüchern „schick“ gemacht haben.

 

Andreas G.