GOC-Tour "3000er in der ruhigen Schobergruppe" 25.08. bis 01.09.12

Wir waren auf dieser Tour insgesamt sieben Bergfreunde, jeder hat sich mit einem eigenen Tagesbericht hier verewigt. Abgesprochen war, dass jeder ein paar Zeilen zu seinem zugeordneten Tag schreibt. Nun ists aber doch etwas mehr geworden, scheinbar waren hier richtige Poeten in den Bergen unterwegs.

 

Viel Vergnügen beim Lesen und.... Bis demnächst in den Bergen

 

Mario

 

Cordt: 25.08.12, Aufstieg zur Hochschoberhütte

Wir treffen uns auf 1.656 m Höhe und werden herzlich von unserem Organisator Mario empfangen, der als Initialisierungsritus erst einmal unser mitgebrachtes Reisegepäck auf Hochalpentauglichkeit prüft.

 

Auch Sven II. aus W. übersteht dieses Ritual - allerdings mit merklichen Blessuren (keine Wanderstöcke, keinen Helm, keine Wanderhosen u.v.m.). Die Marioschen Traktate dauern, wie es sich auch im Verlauf unserer Tour wiederholt zeigen wird.

 

Sven I. muss derweil Telefonwache in irgendeinem Baumwipfel schieben – der Empfang ist so schlecht hier oben und vielleicht meldet sich ja noch der eine oder andere Teilnehmer.

 

Mit kaum einstündiger Verspätung  windet sich ein Multifunktionsfahrzeug französischer Bauart den Berg hinauf und entlässt aus dem lärmenden Innenraum Bernd und Nils, die unsere Truppe abrunden sollen -und es auch tun. Die aus dem bäuerlichen Umfeld von Bernd mitgebrachten  -biologisch einwandfreien- Pflaumen, Birnen und Eier werden zum Teil als Besänftigung der Gemüter direkt verspeist zum anderen Teil als Proviant über die bereits prall gefüllten Rucksäcke aller Teilnehmer verteilt.

 

Abmarsch.

 

Über Stock und Stein und in noch lieblicher Landschaft (Almen, Kühe, Lärchenwälder) starten wir zum ersten Etappenziel – der Hochschoberhütte auf 2.322 Meter. Mario nutzt diesen Aufstieg um uns in die Eigenheiten der Alpenwelt einzuweihen.  (Berge können hoch sein, oben ist’s oft kalt, es hat wildes Getier, stinkende Pflanzen u.v.m) Bernd kennt das wohl schon alles und beäst lieber die dargebotenen Blaubeerfelder – mir gefällt das - ich fange auch mit dem äsen an.

 

Ansonsten nutzen wir den Aufstieg um uns kennenzulernen und beschnuppern uns erst mal. (Das  ist auch der einzige Tag, an dem das ohne olfaktorischen Schock möglich ist)

Auf der Hochschoberhütte angekommen werden wir vom verschlafenen Hüttenwirt Harry empfangen, der erst mal die Pflaumen – mit der kurzen aber unmissverständlichen Anweisung „mach mal ‚nen Pflaumenkuchen für nächsten Donnerstag“ - in die Hand gedrückt bekommt. Wir beziehen unser Quartier und lassen den Tag bei deftiger Kost und leckerem Bier ausklingen.

 

Wir sind froher Erwartung der kommenden Tage und das Wetter spielt mit. 

Sven II: 26. August, Hochschoberhütte – Wangenitzseehütte

Nach Morgentoilette mit eiskaltem Gebirgswasser stärkten wir uns bei einem wirklich außergewöhnlich leckerem Porridge (dem Hüttenwirt Harry sei Dank) für unseren ersten „richtigen“ Tourtag, der uns mit zwei Aufstiegen über die Lienzer Hütte zur Wangenitzseehütte führen sollte.

 

Bei bedecktem Himmel entschieden wir uns, den ersten Aufstieg über das Leibnitztörl (statt Mirnitzscharte) zu nehmen. Unser Aufstiegstempo erinnerte anfänglich eher an meditatives Gehen denn an Hochgebirgswandern. Doch mit zunehmender Wegstrecke zeigten sich die Vorteile: die Gruppe blieb fit & munter und für die morgendliche Stunde – wie eigentlich immer - ziemlich gesprächig.

Den Gartlsee, den wir bald erreichten, konnten wir vor lauter Wolken nur zum Teil sehen. Ein kühler Wind führte zu einer der seltenen freiwilligen Pausenverkürzungen - gerade einmal einen Prinzenrollen-Taler für jeden von uns.

Der Abstieg zur Lienzer Hütte war angenehm: einige von uns versuchten sich an der Unterscheidung von Preisel- und Blaubeeren – erfolgreich, wie die blauen Zungen zeigten.

 

Nach einer kurzen Rast in der Lienzer Hütte nahmen wir den zweiten Anstieg über das Gaimberger Feld. Hier zeigte sich, dass offensichtlich ein Gruppenmitglied als vollwertiges Mitglied einer Schafherde angenommen wurde. Das menschliche(?) Imitat-Blöken führte zu einem wahren Herdentrieb, über den sich jeder Hütehund gefreut hätte. Nur das Leitschaf lief immer weiter Richtung Gipfel, so dass unser Imitator schließlich das Blöken einstellte (sicherlich als Verhinderung eines Schaf-Suizids zu werten).

Am Ende des Aufstieges setzte Regen ein: für die meisten von uns war das kein Problem (Regenschutz sei Dank), andere waren kreativ (ein Regencape kann man auch als Rucksack-Regenschutz nutzen) bzw. eher erfolglos (ein Knirps kann nur helfen, wenn man ihn im Rucksack findet).

 

Schließlich erreichten wir am Ende eines anstrengenden und schönen Wandertages die Wangenitzseehütte. Wir hatten Glück: kurz nachdem wir eintrafen, ging der Regen in Schnee über. Es war wirklich beeindruckend, wie schnell im Hochgebirge ein Sommerurlaub zu einem Winterurlaub werden kann. Eine österreichische Wandergruppe mit Kindern kam noch später an als wir: nach Schneesturm und Rettung eines eingeklemmten Schafes (vielleicht doch unser Schaf(?)) war der wärmende Hütten-Kachelofen die Rettung.

 

Insbesondere die Auszieh-Aktionen eines Österreichers waren legendär, selten war man einem ca. 70-jährigen Hinterteil in durchsichtigen Unterhosen so nah. Angeheitert vom Hüttenbier diskutierten wir nicht nur diese unerwarteten Eindrücke sondern auch den Adels-Charakter der Sächsischen Mundart (keine eindeutige Meinungslage bei den Nicht-Sachsen) und Empfehlungen für weitere Tiergeräusche für unseren Stimmenimitator (leider konnte sich niemand unter dem Quorren der Waldschnepfe etwas vorstellen).

 

Die heitere Stimmung wurde durch einen erneuten Wetterwechsel verstärkt: der Himmel zog auf und wir konnten eine wunderschöne Abendstimmung - mit nun schneebedeckten Gipfeln - genießen. Die Frage, die viele von uns beim Einschlafen beschäftigte, war, wie viel Schnee morgen auf unserem Weg liegen würde und ob das nächste Ziel überhaupt erreichbar sein würde. 

Nils: 27.08.12, Wangenitzseehütte - Keeskopf - Adolf-Noßberger-Hütte

 

Unser dritter Tourtag begann auf 2508 Meter von der Wangenitzseehütte aus. Die Hütte liegt in herrlicher Lage eingebettet in Kreuz- und Wangenitzsee. Am Vorabend hatte es begonnen zu schneien, so dass das Landschaftsbild mit wunderschön verschneiten Bergspitzen aufwartete.

Die Nacht in der Hütte war mäßig schlecht, da ich auch hier wieder nicht zu meinen gewohnt acht Stunden Schönheitsschlaf kam (jedem Bergwanderer sollte bewusst sein, dass Nächte in Hüttenlagern zu Schlafstörungen führen können, da man immer mit Menschen zusammenkommen kann, welche Schnarch- oder Blasenprobleme haben).  Allerdings sollte sich noch herausstellen, dass mein Leid nicht so groß war, wie das Anderer. Sven 1 schien die Rache der Hüttenfrau einzuholen.

Bei der morgendlichen Begutachtung der Unversehrtheit des leiblichen Wohles, konnten bei Sven 1 eine Vielzahl von Einstichen auf der Hautoberfläche eruiert werden. Bislang konnte noch nicht verifiziert werden, ob  zwischen der bettlichen Hygiene und den Einstichen ein kausaler Zusammenhang besteht. Gegenwärtig wird diagnostiziert, ob es sich bei den Verursachern der Körperverletzung um Insekten der Gattung cimex lectularius oder siphonaptera handelt (ich denke hier wird uns nachberichtet werden).

Ansonsten waren wir alle wohlgelaunt und starteten wie immer pünktlich zum ersten Etappenziel des Tages dem Perschitzkar. Hier angekommen wurde durch unsere Führungsleitung im Imperativ angeordnet: "Stöcke weg, Handschuhe an und Rucksack fest verzurren!".

Für mich war an dieser Stelle spätestens klar - jetzt kommen die mir wohl bekannt schwierigen Passagen, welche auf solchen Bergtouren gern von unserer Wanderleitung eingebaut werden. Daher verschaffte ich mir kurz einen Überblick über den bevorstehenden Abstieg und wurde nicht enttäuscht. Ich blickte auf einen sehr schmalen Weg, welcher sich an einer Gebirgswand steil nach unten schlängelte. Links des Weges konnte man den wunderschönen Abgrund in das Tal betrachten.

Meine Bedenken wurden aber mit der immer gebotenen Höflichkeit unserer Leitung gedämpft - ich lernte, dass es keine schwierigen Wege gibt, sondern nur "interessante". Ich hatte leider keine Zeit nachzudenken, was für einen Unterschied diese Aussage für meine Höhenangst machen sollte, da unser Abstieg auch schon begann. Als besonders "interessantes" Schmankerl war dann noch die Tatsache, dass der Weg, durch die Witerrungsverhältnisse bedingt, mit einer dünnen Schneedecke besetzt war.

So wurde also der Abstieg auf dem mit Schnee/Eis bedeckt rutschigen Geröll zu einer wahrlich interessanten Erfahrung. Auf Anraten in der sogenannten "Altenstellung" den Abstieg zu bewältigen, erreichten wir wohlauf in gebückter Haltung schließlich den Wendepunkt.

Nach kurzer Stärkung und Verweildauer wurde unser zweites Etappenziel am heutigen Tag in Angriff genommen - die Besteigung des 3081 Meter hohen Keeskopfes. Nach einem Anstieg auf ca. 2800 Meter beschloss unsere Gruppe, das letzte Stück ohne unsere mitgeführten Rucksäcke zu bewältigen. Zu diesem Zeitpunkt verspürte ich Kribbel- und Taubheitsgefühle in beiden Armen. Gut dachte ich, wenn es nur links wäre, stünde ich vor einem Herzinfarkt - da es aber beide Arme betraf, konnte dies nur bedeuten, dass sich mein Blut noch nicht an die Höhe gewöhnt hatte. Daher verblieb ich hier zurück und übernahm als Sicherheitsbeauftragter die Überwachung unserer Rucksäcke. Meine Gefährten erklommen dann den ersten 3000-er auf unserer Tour.

Da mir das Gipfelglück nicht hold war, kann ich die mir entgangenen Eindrücke nur erahnen - unbeschreibliche Ausschüttung von Endorphinen.

Nachdem die Gruppe wieder vollzählig war, setzten wir zum letzten Ziel - dem Erreichen der Adolf-Noßberger-Hütte auf 2488 Meter - an. Es erwartete uns ein sehr schöner Abstieg über einen zurückgezogenen Gletscher. An der Hütte angekommen, empfing uns der Hüttenwirt  mit den Worten "Willkommen im Paradies". Er sollte Recht haben - die Hütte besticht durch einen wunderschönen Ausblick auf die Weißwandspitzen und dem Keeskopf. Abgerundet wird das malerische Idyll durch einen vor der Hütte befindlichen Gletschersee. Das Sonnenscheinwetter tat sein übriges und ermöglichte uns das Genießen dieser Augenblicke. Unglaublich aber wahr - einige Gruppenteilnehmer ließen sich ein Bad in dem nur acht Grad warmen/kalten Wasser nicht nehmen - dafür an dieser Stelle Respekt.

Den Abend ließen wir in gewohnter Manier bei kühlem Bier und landestypisch kulinarischen Genüssen ausklingen, in Erwartung auf die nächste "interessante" Herausforderung der "Hornscharte". 

 


Bernd: 28.08.12, Adolf-Nossberger-Hütte - Elberfelder Hütte über Hornscharte

Nach 2 minütiger Verspätung konnte unsere vierte Tagestour losgehen. Natürlich bei schönstem Kaiserwetter wartete die Hornscharte auf die Meute. Der teilweise für einige Teilnehmer beschwerliche Weg wurde belohnt mit einer schönen Mittagspause auf dem Höhepunkt der Tagesetappe.

 

Zwei Mitstreiter wollten und mussten den Kreuzkopf (3.103m) noch besteigen! Mit Unterstützung der Gruppe durften Adrian und Bernd ihren Plan umsetzen. Ihre positive Energie konnte in die Teilnehmer aufgeteilt werden, uns so war der weitere Weg nur noch ein Katzensprung. Nun sitzen wir alle bei frischen Getränken in der Elberfelder Hütte.

 

PS: Hier gibt es auch warmes Wasser für die Warmduscher…

 

Adrian: 29.08.12, Elberfelder Hütte - Roter Knopf (3281m) - Elberfelder Hütte

In der Elberfelder Hütte ganz kommod unterm Dach einquartiert verbrachten wir die Nacht bis zum Morgengrauen in mehr oder minder friedlichem Wonnezustand. Als wir dann aber bei sehr guten Bergwetter-Aussichten an unserem 7-Zwerge Tisch - der schon gedeckt war – Platz zum lecker frühstücken fanden, waren wir alle freudig gestimmt kurz nach Acht aufzubrechen.

So geschehen und mit der meterologischen Fachkunde unseres Bergführers vertraut gemacht, ging es in einem Trupp von 6 Gefährten bergwärts der Sonne entgegen …

 

Es sollte nicht lange währen, da wurde unser Gefühl  „vom nicht allein unterwegs zu sein“ auch bestätigt und wir erkannten unseren in der Hütte zurückgebliebenen Wanderkameraden Nils als guten Kurzstreckenläufer in Etappen zwischen seinen Zigarettenpausen rasch zu uns aufschließen – Bravo!

Unsere gute Stimmung, Kondition und die Wetterprognose des Tages ließ uns gut vorankommen, über interessanten Gletscherschliff und zunehmend mehr Block- und Schuttgestein bis zu einer Kanzel unterhalb der steilen Kletterwand auf rund 3000 Höhenmeter.

 

Ein Lieblingswort des Vortages unseres Guides Mario „Scharte“ wechselte heute zu „Spalte“ und vermutlich darüber und über mache andere menschliche Natur philosophierend blieben Cordt und Nils am schönen Ort zurück während wir zu fünfen etwas zum kraxeln bekommen sollten. J

 

Gut was zu staunen hatten wir, als ein 82jähriger vitaler Bergsteiger und sein junger Begleiter sicher des Weges bei ihrem Abstieg uns entgegen kamen – Hut ab!

Die Kumuluswolken schafften es nicht bis an die „Tropopause“ Luftschicht aber wir fünfe dafür bis 11:30 Uhr bis zum Gipfelkreuz des Roten Knopf auf 3281 Metern – Berg Heil!

 

Auch unser Abstieg gelang uns mit einer ½ stündigen Pflichtrast auf hartem Steinlager. Dafür gab es unten mit rauschendem Wasserfall und milder Sonne noch den ganzen Nachmittag vor der Elberfelder Hütte eine gemütliche Auszeit.

 


Sven: 30.08.2012, Elberfelder Hütte - Hochschoberhütte

Heute brechen wir (fast) pünktlich um 08.05 Uhr auf, um von der Elberfelderhütte unsere letzte Tagestour zu beginnen. Pünktlich um 12.00 Uhr erreichen wir die Zwischenstation des heutigen Tages, die Lienzer Hütte. Aufgrund der Wetterprognose der Hüttenwirtin Bernie bleibt allen die Mirnitzscharte erspart und es geht über das Leibnitztörl zurück zu unserem Ausgangspunkt, der Hochschoberhütte.

 

Um 15.00 Uhr fällt die ganze Bande geschlossen in die Hochschoberhütte ein, um den Kuchen aus den Gefrierpflaumen des ersten Tages zu vertilgen. (Danke an Hüttenwirt Harry!) Pünktlich um 17:17 Uhr setzt das avisierte Gewitter ein und alle sitzen im Trockenen zur Abschlussrunde zusammen. Mario bekommt durchgängig gute Kritiken, wenngleich sich ein Teilnehmer wie ein Wrack fühlt und vermeintlich körperlich am Ende ist.

 

Vor dem Schlafengehen bestellen alle noch Frühstück: 4x Pedigree (sollte eigentlich Porridge heißen aber Mario fiel das Wort nicht mehr ein) und Flauschpuffel Bernd macht wie üblich den Selbstversorger.

 

Nun geht’s ans Schlafen unterm Dach in Betten, die an Sandkästen erinnern. Egal – morgen ist Abstieg und auf uns warten eine Dusche und das heimische Bettchen.

 

Cordt: 31.08.12, Abstieg

Ich schaue morgens aus dem Fenster und sehe keine Kontouren mehr  - alles grau in grau. Macht nix, ist ja nur noch der Abstieg zum Wanderparkplatz das wird schon irgendwie. Gemeinsam frühstücken wir ein letztes Mal und lassen noch die eine oder andere Anekdote der vergangenen Woche Revue passieren.

 

Porridge will ich auch heute nicht essen, auch wenn Hütten-Harry das beste Rezept haben will. Mit Wehmut geht es dann um 08:00 wieder den Berg hinab und es regnet Bindfäden, wir treffen auf dem Weg noch ein paar Rinder, denen es offensichtlich auch zu ungemütlich wird und sich beim  Abstieg unter uns mischen – wir sind assimiliert.

 

Durchnässt aber unversehrt erreichen wir den Parkplatz trennen uns wieder von der tierischen Abstiegstruppe und müssen uns mit dem Gedanken anfreunden das die gemeinsame Zeit vorbei ist… schön war’s.